Freitag, 29. April 2011

WG und Leben und so

Hab ich eigentlich schon einmal geschrieben, daß ich in einer reinen Männer-WG wohne? Was das heißt kann man sich schon fast Cliché-mäßig vorstellen und liegt damit nicht mal falsch.

Heute beim Heimkommen hab ich 2 Mitbewohner vor dem Fernseher in der Küche angetroffen. An sich nichts ungewöhnliches ALLERDINGS kommt es sehr selten vor, daß sie ohne Rauschmittel solche faden Sachen wie Tennis schauen. Kurz gefragt war die Antwort „olha estas gajas“ - „schau dir mal die Mädels an“... tatsächlich, beim Frauentennis stöhnen die Mädels bei jedem Ballkontakt ausgesprochen zweideutig.

Normales Szenario sonst: Man kommt heim, die Luft is schwer vom Rauch und sieht rotäugige, biertrinkende Portugiesen beim Fußball schauen und leidenschaftlichen Diskutieren. Vor allem wenn es um Benfica, irgend so einem Drecksteam von irgendwoher geht, gehen die Wogen immer hoch. Der Vermieter hat einen ordentlich stabilen Tisch in unsere Küche postiert – aus gutem Grund. Wenn die falschen ein Tor schießen hauen alle unter lautestem Gejohle fest auf den Tisch.

Szenen in denen Mitbewohner zu dicht sind das Klo zu finden und sich deshalb am Fenster erleichtern bleiben zum Glück eher die Ausnahme. Wie es in dem Haus ohne der (in der Miete inkludierten) wöchentlichen Reinigung ausschauen würde, mag ich mir gar nicht ausmalen. Reinigung kommt immer am Samstag und so ab Donnerstag wird das Haus mehr oder minder unbewohnbar.

Ich spiele die Rolle des exotischen Aussenseiters hier. Auch wenn ich mit einem, dem Paulo, wirklich Freundschaft geschlossen habe, haperts a bissi im Kontakt zu den anderen. Das liegt nicht zuletzt daran, daß ich NACH FAST 8 MONATEN hier immer noch das brasilianische 1.000.000 besser verstehe (und vor allem fließend rede) als das europäische vernuschelte Portugiesisch. Ich gebs schö langsam auf mich zu wehren und akzeptiers einfach. Tuga-Guês wird’s wohl nie werden, brasileiro scho viel eher. Gerade im Labor wo ich fast ausschließlich mit Tugas – also Festlandportugiesinnen – zusammenarbeite isses wirklich Scheiße so wenig zu verstehen. Ist mir gerade heute wieder ordentlich auf den Nerv gegangen, wo ich eine Aufgabe nicht hab erledigen können weil ich einfach nicht verstehe was die immer von mir will...

Abgesehen davon spüre ich allmählich, daß wir alle nicht mehr lange hier sein werden. Noch ein paar Monate und unsere kleine Erasmussociety wird sich wieder in alle die Länder zerstreuen aus denen sie hierher gekommen ist. Gaaaaanz ein komisches Gefühl das... nicht wirklich melancholisch... eher so, daß man spürt wie sehr man am Leben ist, wenn sich alles um einen herum unaufhaltsam immer wieder ändert - bittersüß....


Samstag, 23. April 2011

Heuschrecken

Es gibt sie also auch hier – die verregneten Wochen. Zumindest eine habe ich jetzt hinter mich gebracht. Heute sind das erste Mal wieder nennenswerte Löcher in der Wolkendecke zu sehen. Teilweise habe ich das Gefühl gehabt es waschelt 100L/cm² runter. Vielleicht ist es deswegen, weil hier das Licht so viel intensiver ist, aber mich beeinflußt das Wetter hier in meiner Stimmung viiiiel mehr, als es daheim der Fall war.

Auch nicht gerade aufheiternd: Im Fernsehen kann man den Politikern zusehen wie sie ihre „Sparpläne“ vorlegen. Im Endeffekt fühlt man sich wie der Patient der auf eine Vivisektion (so was wie sezieren, nur am Lebenden) wartet und zuhört wie man wohl die ersten Schnitte setzen wird. Portugal ist zur Zeit quasi Eigentum der EZB geworden und der innovative Plan ist natürlich im Wort Privatisierung erschöpft. Mir ist ja das meiste eher egal, aber auf der Agenda ist leider auch unzweifelhaft die Medizin gelandet. Die ist in Portugal nicht mal wirklich schlecht, dauert halt länger aber funktioniert und man kann es sich weitgehend leisten. Noch... wenn gewinnorientierte Unternehmen die Patienten als mögliche Profitquelle ins Auge fassen wird sich das vermutlich drastisch ändern. Aber auch so wird es ein Kraftakt werden dieses Volk zu plündern weil sie nämlich einfach nicht viel haben was man ihnen wegnehmen könnte.

Um das hier ein wenig zu veranschaulichen: Ein durchschnittlicher Portugiese verdient wohl so um die 600 Euro im Monat (Mindestlohn liegt bei 450) und kommt so grad und grad durch. Wie man sich hier eine Familie erhält weiß ich auch nicht so genau. Klar, das Land ist erheblich billiger als Österreich... aber sooo billig dann auch wieder nicht. Man sieht volle oft, daß mehrere dieser kleinen verträumten Häuschen eine Waschmaschine oder dergleichen zusammen nutzen. Man muß der Fairness halber auch sagen, daß hier weniger hart gearbeitet wird als bei uns. Ich würde mal so Pi mal Daumen (bin Ausländer und Student) sagen, daß es sich hier um ein 1/3 weniger anstrengend arbeitet als bei uns. Wohlstandsmäßig fehlen aber leicht 2/3 wenn nicht mehr. Ist das wirklich die Botschaft??? „Arbeitet so hart ihr könnt, verschwendet alle Zeit eures Lebens die euch hier auf Erden bleibt oder wir machen euch das Leben eben andersherum zur Hölle“. Hat diese tolle Weltwirtschaft wirklich keinen Platz für einen Mittelweg??????

Ich kann nur sagen, so was von drinnen mitzubekommen (bei Griechenland und Irland war ich ja nicht dabei) ist schon härter. Mir kann es ja eigentlich egal sein, weil ich nicht an dieses Stückchen Land gebunden bin und aus der „heilen Welt“ in den Alpen komme. Aber wenn ich mir vorstelle dieselben Nachrichten in Österreich zu hören.... was für ein Alptraum.

Ich wollte euch mit diesem Beitrag einfach mal a bissi schildern, wie die Relität in einem der „PIGS“ Staaten so ausschaut. Vielen Dank auch noch an die zynischen Banker und Analysten, daß sie uns als Schweine beschimpfen bevor sie zu rauben beginnen um ihre weltweiten Raubimperien noch weiter auszubauen und mit diesen Kapazitäten immer noch größere Plagen über die Menschheit zu bringen...

Mittwoch, 13. April 2011

Laborleben

Nachdem ja nicht wenige meiner Leser hier selber in Labors stehen, hab ich mir gedacht ich gebe euch mal einen kleinen Einblick...

Portugiesische Labore sind wie das Land halt auch ist. Sympathisch, langsam, chaotisch und am Ende kommt man schon dahin wo man sollte. Ich hab hier noch einmal viel von meinen österreichischen Gewohnheiten ablegen müssen um im Strom schwimmen zu können. Ich muß allerdings ehrlich gestehen, daß mir das nicht gerade schwer gefallen ist.

Ich erinnere mich noch gut an mein Labor in Graz. Zum einlernen kriegt man faktisch nur einen Zettel in die Hand, sollte eigentlich alles schon können und das Mädel, das einen einlernen sollt, ist selber so im Streß mit ihren Versuchen, daß sie es kaum schafft Zeit oder Geduld rauszuschinden. So tappt man von einem Fehler bis zum nächsten, und nachdem man jeden Fehler einmal gemacht hat fangen die Dinge an gut zu laufen. Einlernzeit in Summe... 3 Wochen....

Hier in Coimbra habe ich die ersten 2 Wochen selber gar nichts getan, sondern nur meiner wunderhübschen Orientadora über die Schulter geschaut wie sie meine Arbeit gemacht hat. Vom Kulturen bearbeiten bis zum Datenauswerten bin ich immer neben ihr gestanden und hab zugeschaut. Dabei hat sie viel auf portugiesisch gesäuselt von dem ich auch ca. 70% verstanden habe. Die Portugiesen vom Festland haben manchmal seeeehr vernuschelte Dialekte. Nach so ca. 2 ½ Wochen wurden die ersten Kleinigkeiten an mich delegiert. Jetzt allmählich mach ich alles allein und sie steht neben mir und schaut mir über die Schulter damit i auch nix falsch mach. Ich bin (fast) ihre einzige Aufgabe zur Zeit im Labor. Einlernzeit ca. 5 Wochen und die waren noch dazu angenehm. Wie fein!!

Mittlerweile haben sich auch alle an den Erasmus-Österreicher gewöhnt, der Schmäh läuft (wenn i ihn versteh). Das man akzeptiert wird merkt man daran, daß sie (fast nur Mädels hier, inklusive meiner Professorin und 90% meiner Kollegen) einen zum nahe gelegenen Café mitnehmen um nicht allzu viel Zeit im Labor zu verbringen. Und das fast täglich. Sympathisch!!

Was mich immer wieder erstaunt ist die Geduld mit der ich behandelt werde. Die Sprachbarriere zum kontinentalen portugiesisch ist immer noch da und mit Engelsgeduld kriege ich alles wieder und wieder vorgesetzt, oft mit Lachen und Schmäh, bis ich es verstanden habe. Mittlerweile komme ich mir auch nicht mehr wie ein Esel vor, weil man mir alles 3 mal sagen muß und ich die Hälfte der Fachbegriffe nicht gekannt habe. Ich bin echt selten so gut behandelt worden...

Montag, 11. April 2011

Der Ozean und seine Kraft

Tja dieses Wochenende war ich wieder in der Figueira, jenem kleinen verschlafenen Nest am Strand. Genauer gesagt am Strand von Cabedelo, das etwas südlicher liegt und noch viel kleiner wirkt. Es riecht überall angenehm nach Ozean, in einer Holzhütte hat man eine Surfschule mit Shop untergebracht und ein Café, das durch eine Glaswand den Blick auf den Ozean erlaubt, runden die Sache schön ab.

Mit einem geliehenen Brett bin ich dann in den Ozean und hab es probiert. Am Anfang immer sehr nahe am Strand probiert mal auf dem Brett zu stehen. Das ist gar nicht sooo einfach wie es ausschaut. Die Wellen sind naturgemäß nichts konstantes auf dem man sich Stück für Stück einlernen kann, sondern ändern immer ihre Form. Man muß sich mit jeder Welle einzeln anfreuden und mit manchen wäre es sogar technisch unmöglich wenn man fortgeschritten wäre. Das macht es einem als Anfänger nicht gerade einfach, vor allem auch weil man diese noch nicht voneinander unterscheiden kann. Ricardo, ein seeeeehr anhänglicher Portugiese, der mir das Surfen beibringen wollte hat es nicht für nötig befunden irgendwas zu erklären.

Als dann der Wind stärker und die Wellen höher und ich schon merklich schwächer geworden bin wollte ich wieder zum Strand zurück. Ricardo hat offenbar vergessen mich auf so was wichtiges wie die Strömungen hinzuweisen oder sonst auch nur irgendwas zu sagen. So ein Idiot! Mich hat es dann raus auf den Ozean gezogen, wo die Wellen noch größer waren und der Strand ist immer kleiner geworden. Ich habe mich dann an den Satz eines Freundes (vor einem Jahr oder so gehört!!!) erinnert, daß man nie gegen eine Strömung ankämpfen soll, sondern sich eine suchen, die einen dorthin bringt wo man es braucht. Irgendwann, und ich muß gestehen die Verzweiflung war schon größer, habe ich nach viel Wasserschlucken eine gefunden die mich an den Strand zurück befördert hat. Dort bin ich dann einfach mal liegen geblieben und hab gewartet bis die Kräfte wieder zurück kommen.

Zu diesem Zeitpunkt hab ich dann bemerkt, daß nur mehr ziemlich wenig Leut im Ozean unterwegs waren, und offensichtlich nur die Checker. Ein Deutscher, der alles beobachtet hat, ist dann zu mir gekommen und hat mir erklärt, daß heute wirklich nicht der Tag für Anfänger ist, und außerdem noch, daß die ganzen Lifeguards und so erst im Mai anfangen und man besonders vorsichtig sein sollt. Ricardo, darauf angesprochen, hat nicht geschnallt worum es geht, und ich hab dann amal ordentlich mit ihm gestritten.

In Hinkunft geh ich nur mehr mit wem rein, dem ich rein ich vertraue und bei Wellen mit denen ich umgehen kann. Lektion gelernt, großer Ozean.

Dienstag, 5. April 2011

Calor...

Noooooossa senhora!!!

Es ist heiß, so unendlich heiß hier. Und es ist erst April. Man hat das Gefühl im Asphalt zu versinken oder zumindest kleben zu bleiben. Der 2. Tag mit mehr als 30° diese Woche. Die perversen Bäume in diesem Land fangen JETZT an auszutreiben, nachdem sie die angenehme 20°-Phase des letzten Monats einfach verweigert haben. Jeder anständige österreichische Baum würde hier um diese Jahreszeit sein Leben aushauchen oder zumindest ein wenig andörren. Die Luft ist voll vom schweren Duft intensivst riechender Sträucher und komischer öliger Gewächse.

Ähnlich wie die Portugiesen selbst siehts auch die Tierwelt hier von der relaxten Seite. Die meisten Hunde halten Siesta gemütlich irgendwo auf der Straße, und blöderweise fast immer in meinem Weg. Nur äußerst widerwillig, und auch nur dann wenn i ihnen scho (fast) am Schwanz steig, bequemen sie sich aufzustehen. Die Katzen sind nicht viel anders. Spannend hier in Coimbra: Katzen und Hunde jagen sich nicht wirklich, aber liegen immer so, daß der eine den jeweils anderen im Auge hat... bis sie dann doch wegdösen.

Weil ich schon beim Tierreich bin: Meine WG hat allmählich wirklich was von einer funktionierenden Gemeinschaft. Man muß dazu sagen, daß wir hier alle ziemlich zusammengewürfelt angefangen haben. Mittlerweile haben wir scho das eine oder andere gemeinsam durchgemacht.

Um hier kurz eine kleine Geschichte zu erzählen: Der Vermieter hat bereits im Winter angefangen zu sumsen, weil wir ja ach so viel Strom verbrauchen und er ja schon gar nicht mehr weiß wie all das zahlen. Nach diesem Vorspiel hat er dann vor 3 Wochen eine Mieterhöhung angekündigt. Naja und vor 2 ½ Wochen sind uns plötzlich so Zettel von der Volkszählung ins Haus geflattert (kommen so alle 5 Jahre). Der Vermieter hat nu am selben Abend angerufen und uns erklärt, daß es WIRKLICH NICHT NÖTIG ist, daß hier alle ausfüllen. Er hat wohl nicht alles so wirklich korrekt versteuert. Wir haben dann ageboten unsere staatsbürgerlichen Pflichten nicht so genau zu nehmen, wenn er auch über die Mieterhöhung hinweg sieht. Und plötzlich war das mit dem Strom im Winter gar nicht mehr so schlimm, hehe.

Während ich diese Zeilen schreibe geht die Sonne gerade wie eine glühende rote Feuerkugel am Horizont unter. Wo auch immer gerade seit, ich hoffe ihr habt es fein und es geht euch gut!!!

Freitag, 1. April 2011

Hot Times...

Okay heute ist der erste April und das Wetter ist ungefähr so wie es bei uns im August sein dürfte. Ich mache mir da schön langsam Sorgen, weil ich eigentlich nicht weiß, was ich noch alles ausziehen sollte um mich dieser Mörderhitze anzupassen. Hmm, ich würde die klimatischen Unterschiede einmal so zusammenfassen: Für uns kennen die Portugiesen keinen Winter, für sie kennen wir allerdings keinen Sommer. Hier nennt man das Frühling.

Mittlerweile kenne ich den Weg ins KH zur Notaufnahme bzw. Unfallstation schon fast auswendig. Sachen Nähen, Fieberanfälle behandeln... Antibiotika abholen etc. Man kann über das portugiesische Medizinwesen eigentlich nicht viel schlechtes berichten. Es dauert alles ein wenig länger als bei uns, dafür sind die Leute auch wesentlich fröhlicher bei der Arbeit. Das wiegt für mich viel auf. „Portugal é bem de vaga e bem humorado“.

Ich sitze hier gerade im Labor beim Versuch die ersten Zeilen meiner DA zu schreiben und hoffe, daß ich hier bald raus komme. Wünscht mir gute Wellen fürs Wochenende!!!