Mittwoch, 25. Mai 2011

Schleppend geht es voran

Schleppend schon allein deswegen, weil ich zur Zeit ein wenig krank bin. Das heißt ich schleppe mich ins Labor, behandle dort ein letztes Mal meine Zellchen und werde vermutlich mit Montag nächste Woche alle Daten haben. Sehr fein so.

Große blaue Flecken am Unterarm (Surfboard) und eben dieses Schwächegefühl wegs Krankheit machen mir das Leben zur Zeit nicht gerade leicht. Ich komme schon vorwärts aber es könnte erheblich besser sein. In meiner DA schreibe ich immer noch viel an Einleitung etc. herum, lade Papers runter, füge Zitate ein, versuche aus den noch nicht vollständigen Daten Tendenzen abzuleiten und habe immer noch nicht alle Maschienen und Reagenzien für meinen Material & Methods Teil gefunden. Manche Sachen leihen sich nämlich andere Labore gern aus und die kommen irgendwie nicht so schnell wieder zurück und ich bräuchte trotzdem halt Seriennummer und Markennamen und den ganzen Blödsinn. Naja egal, es wird schon werden.

Tja man merkt leider schon sehr, daß sich hier alle stückchenweise dem Ende zuneigt. Diejenigen die in festeren Beziehungen stecken beginnen schon diese aufzulösen oder (im seltenen Fall) sich gemeinsame Städte für die Zukunft zu suchen. Ich habe schon Kontakt mit den Universitäten, die für mein Doktorat in Frage kommen, aufgenommen und hoffe sehr euch ab nächstem Jahr mit einem Blog von der anderen Seite des Atlantiks unterhalten zu können. Mal schauen und vor allem viel hoffen...

Die Hitze nimmt auch gerade Dimensionen an... Kinder ich sag's euch, ohne Sonnenbrille kann ich zur Zeit nicht aus dem Haus. Meine Augen kommen mit dieser Lichtintensität einfach nicht klar. Am Anfang habe ich ja darüber gelacht, als eine brasilianische Freundin gemeint hat: „Natürlich ist das hart für dich, du hast ja blaue Augen“. Mittlerweile hab ich das aber schon so oft gehört, daß ich mich zu fragen begonnen habe, ob es nicht vielleicht doch so ist, daß da etwas co-vererbt wird mit Iris und Retina. Wer weiß das schon.

Ja ich werde mich jetzt noch einmal um ein paar Zeilen der DA kümmern (bin grad daheim) und dann wieder auf die Uni latschen um ein paar Zellmessungen vorzunehmen und dann wieder heim zum ausrasten und nächste Dosis Paracetamol nachschießen.

Mittwoch, 18. Mai 2011

zurück in der Realität

Das schöne Leben der Queima ist vorbei und der Hardcore Laborstreß beginnt jetzt. Auch hier in Portugal gibt es so was. Meine Güte...

Nachdem die hiesige Studienabteilung entschieden hat heuer etwas früher auf Urlaub zu gehen, haben sie uns kurzerhand die Deadline zum Abgeben der DA auf 20. Juni vorverlegt. Was das heißt kann man sich lebhaft ausmalen. Der armer Kerl, der neben mir im Labor steht, hat keine Ahnung ob er es überhaupt mit den Ergebnissen schafft. Ich werde in einer Woche alle Ergebnisse beisammen haben und habe bereits begonnen Teile meiner DA zu schreiben aber auch so wird es knapp. Man sagt es sei eine portugiesische Tugend den letzten Moment, in dem es noch möglich ist irgendwie fertig zu werden, zu erkennen und dann unter maximalem Streß zu nutzen. Voilá, dieser Moment ist soeben an mir vorbei gezogen und ich werfe mich mal ins Gefecht.

Das gute an der Sache ist allerdings, daß nach dem frühen Abgeben der DA dann für mich wirklich die Ferien anfangen. Wenn das mit der DA (hierzulande Tese) alles so hinhaut, wie es sollte, muß ich dann nur mehr Mitte Juli eine Defensio (hierzulande Defesa) halten, die angeblich nicht sooo hart werden dürfte und das wars dann fürs Semester hier. Das heißt, ich habe dann viel Zeit, die ich an den verschiedensten Enden Portugal verbringen kann um mir die Strände, Wellen und Städte anzuschauen. Auch nicht gerade das schlimmste was einem passieren kann. Ihr könnt mir auf jeden Fall die Daumen drücken, daß hier alles so klappt, wie es sollte.

Zum seelischen Ausgleich sollte es sich zumindest ausgehen jedes WE einmal ein paar Wellen am Strand zu nehmen. Dieses herrliche Gefühl entschädigt einen für viel und kompensiert so manche Ungemach und das werd ich wohl auch brauchen. Seit kurzer Zeit bin ich stolzer Besitzer eines Brettes, nämlich eines Malibu Long. Irgendwie lustig – die Wellen machen das, was sie sowieso schon seit immer machen, nämlich sich mit mehr oder minder gewaltiger Kraft auf den Strand zu bewegen – und man muß nur ein kleines Brett zwischen sich und der Welle bringen und schon beginnt sie einen zu tragen und man kann die Kraft des Ozeans richtig fühlen die einen hoch hebt und zu tragen beginnt. Ich bin noch nicht sonderlich gut darin, aber es macht mir schon irrsinnig viel Spaß.

So weit der Statusreport hier. Over and out!

Samstag, 14. Mai 2011

Queima - ÜBERLEBT!!!

Es hat die Queima so geendet wie sie wohl enden mußte – nackt, dicht und mit viel Anlauf in den Rio Mondego springend. Irgendwann nach dem Fest noch auf der Dachterrasse mit meinen Kollegen eine Flasche Portwein weiter gebracht. Letzte Szene der Queima: Paulo, mit E-Gitarre und Verstärker auf Max, jagt im Morgengrauen noch einige Akkorde über Coimbras Dächer. Danach fast ohnmächtiges einschlafen. Eine Woche – eine ganze Woche – Studentenfest der härteren Sorte hinter uns gebracht. Wir können stolz auf uns sein!

Was genau alles passiert ist, ist ein wenig schwierig zu sagen. Mein Gedächtnis hat aus den vielen Eindrücken eine lustige Collage erstellt. Hübsch anzusehen, mit Eindrücken von vielen schwarz gekleideten Studenten, Alkohol und tanzenden Verrückten. Aber was genau wann und wie war... hmmm. Ist ja auch egal, war auf jeden Fall ein beeindruckendes Fest.

Mittlerweile bin ich stolzer Besitzer eines Surfboards und kann euch sagen: Surfen ist erstens das beste und zweitens gegen den Kater. Sich am Tag von den Wellen tragen zu lassen und die salzige Luft über dem Ozean zu inhalieren ist die beste Medizin. Wenn man dann am Abend abgekämpft wieder zurück kommt nach Coimbra, weiß man wieder was man eigentlich so an allem hier hat.

Leider wird diese Woche die letzte ihrer Art für länger bleiben. Sie haben uns nämlich auf der Uni den Abgabetermin für unsere Thesen auf den 20. Juni vorverlegt, womit ich fast ein Monat weniger Zeit habe als erwartet. Hoffen wir, daß es der Wind an den Wochenenden gut mit mir meint und mich der Ozean mit ein paar Wellen tröstet.


Euch allen eine
Boa Onda!!! (übersetzen dürfts ihr euch das selbst)

Mittwoch, 11. Mai 2011

Queima... immer noch

Ja es ist die Hölle durch die wir hier gehen. Eine Woche Fest, eine Woche hardcore, eine Woche Wahnsinn, eine Woche jeden Tag noch zerstörter aufwachen als am Vortag. Wir haben mittlerweile gut die Hälfte überstanden und die Portugiesen haben mir in beeindruckender Weise demonstriert, wie sie zu feiern verstehen.

Angefangen hat alles mit der rituellen Serenata (s.o.). Ich habe tausende von Menschen gesehen die mucksmäuschenstill dem Klang des traurigen Fado gelauscht haben. Dieser Fado erzählt vom Abschiedsschmerz aus Coimbra, denn man als Student hat, wenn man dann ins normale Leben muß. Seid ich den Text verstehe, machen mich diese Lieder noch viel melancholischer. An den Stufen unter der Tuna – der studentischen Band – saßen all jene die ihr Studium heuer abschließen werden und haben ergriffen wirklich geweint. Was für eine Emotion, wie intensiv. Wie sehr muß sich einem diese Stadt ins Herz brennen, wenn man hier seine Studienjahre verbringt.

Noch in der gleichen Nacht, also um ca. 2 in der Früh, brach dann die Hölle los in der Stadt. Die ganzen tausenderschaften (ich übertreibe nicht) an Studenten marschierten dann Schnurstracks von der Sé Velha hoch zu Universität, wo – ich weiß nicht wieviele – Convivios mit billigstem Bier und fetzigstem Sound stiegen. Die Atmosphäre war hardcore, greifbar und alles voll von Leuten im Taumel und Wahnsinn. Heimkommen irgendwann nach Tagesanbruch. Glücklich, zerstört und wissend, daß man Zeuge einer wirklich wilden Nacht geworden ist.

Den Tag danach habe ich gut durchgeschlafen und bin dann am Abend ins Resinto. Das Resinto ist der Ort an dem die Queima ihr Zelt errichtet hat. Oder besser ihre Zelte, in denen man nebst Konzerten, Disco und Co einfach alles findet um sich die Nacht WIRKLICH um die Ohren zu schlagen. Superlässig! Und man kann dort jeden Tag wieder hingehen bis zum Samstag, also eine Woche durch. Ich glaube aber trotzdem, daß nur die wenigsten in der Lage dazu sein werden das eine ganze Woche lang durchzuziehen. Neben teuer (für Portugal) ist es einfach viel zu zach, daß durchzuhalten.

Am Sonntag gab es dann das Cortejo. Dies ist der heiligste Tag im akademischen Leben Coimbras. Es hat ein bisschen was von einem Umzug mit dem exzessiven Unterschied, daß es FÜR ALLE Freibier und alles andere mögliche und unmögliche zum Trinken gibt. Es wird von den bunt bemalten Wägen von den Studenten darauf in die Menge geworfen oder verspritzt und es hört einfach nicht auf. Man steht mit offenem Maul unter einem Wagen und kriegt Bier rein und rundherum geleert. Wet-T-shirtcontest Hilfsausdruck. Innerhalb von nicht einmal einer Stunde (man bedenke auch den vom Vortag mitgenommenen Rausch) sind alle wieder voll in der Welle, also pi mal Daumen um 2 Uhr. Und so geht es dann aber weiter bis in die Nacht, wo dann auf die jämmerlichen Überreste wieder das Resinto mit seinen Sündenzelten warten würde. An diesem Abend haben wir es dann leider nicht mehr geschafft und sind alle bei der kurzen Erhlungsphase daheim einfach eingeschlafen. Fertig wie selten im Leben...

Tja und so ist es die letzten Tage halt weiter gegangen. Zwischendurch mal einen Tag am Strand verbracht zum Erholen und die Nächte wieder im Delirium. So also feiern die Portugiesen. So kann man also auch feiern. Whoaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Queima das Fitas - die Serenata (der Beginn)

Jetzt steht sie also vor der Tür: Die Queima. Das größte Studentenfest auf der iberischen Halbinsel, wie mir alle Portugiesen stolz versichert haben. Schon sitzen die ersten am Platz der Sé Velha, der alten Kathedrale an deren Stufen die Serenata gehalten werden wird. Ein Konzert der Studenten in ihrer traditionellen Tracht (der Traje) und auf ihren traditionellen Instrumenten. Für alle musikalisch Interessierten: Es geht die Mär um, daß es die portugiesischen Imigranten waren, die die Ukulele nach Hawaii gebracht haben, das Gegenstück hier heißt auf jeden Fall Cavaquinho.

Die Serenata ist offiziell auf 11 angesetzt und schon jetzt sind ewig viele Leute am Platz der Sé Velha, einem uralten mit Kopfsteinen gepflasterten Platz, zu finden. Ich wohne netter Weise genau 50 Meter daneben und werden dann auch wieder rüber schauen. Wer das ganze heute aus guter Perspektive haben will sollte eher bald am Platz auftauchen.

Man kann spüren wie die ganze Stadt vor Erwartung virbriert, in wenigen Stunden beginnt hier für eine Woche der Ausnahmezustand. Man hört sie förmlich alle zählen „nur noch ein paar Stunden“, sie – die Studenten, die Professoren, die Einsatzkräfte, die ganzen Bars und Kneipen, die alten Leute (die schnell noch über die Straßen huschen um sich mit Einkäufen für die kommende Woche einzudecken), sie alle und noch viel mehr erwarten den Ausnahmezustand, von dem ich bereit so viel gehört habe.

Ich habe heute noch schnell im Labor das Missverständnis, daß ich nächste Woche auftauchen würde geklärt und mich gleich bis zum Montag darauf freistellen lassen. Yihaaa!

Ich werde nach dem Verfassen dieser Zeilen mal alles klar machen und mich dann in den Wahnsinn stürzen. Ich hoffe, daß ich diese Woche ohne Krankenhaus, Polizei oder Ertrinken im Fluß (passiert immer wieder) hinter mich bringe. Vielleicht werde ich noch den einen oder anderen Eintrag während der Queima verfassen – ich habe keine Ahnung. Sämtliches Planen endet hier und beginnt erst wieder in einer Woche.

Adeus und bis bald!