Weil ich gestern die verregnete Nacht in einer Real Republica bei einem Konzert verbracht habe, denke ich es ist an der Zeit ein wenig mehr von diesen Institutionen in Coimbra zu erzählen.
Republicas sind im Grunde genommen so was wie besetzte Häuser, nur mit dem Unterschied, daß die besetzten Häusern den Bewohnern gehören. Es gibt relativ viele davon und sie sind überall durch die Stadt verstreut. Die meisten nicht explizit politisch, aber bei den mitgeschnittenen Gesprächen erinnert man sich dann schon sehr an die kitzekleine linke Szene in Österreich.
Nach dem Latada und den ganzen anderen Festen zu Semesterbeginn fangen jetzt die Republicas Konzerte, Diskussionsabende (boah Anstrengend, nu dazu in portugiesich), Festas und andere Kleinigkeiten zu organisieren. Da die in Besitz genommenen Häuser meist ausgesprochen stattlich sind, lassen sich auch wirklich viele Leute unterbringen.
Das gestrige Konzert bestand einfach aus improvisierten Instrumenten zum spielen einiger brasilianischer Lieder. Hier treffen sich also die ganzen Alternativen Coimbras um zu feiern. Weil ich das erste Mal in dieser Republica (Bato Abaixa) war und ein wenig verloren drein geschaut habe, ist gleich ein Mädel auf mich zu um mir stolz ihre Republica zu präsentieren. Es ist dies eine der älteren Republicas (mehr als 60 Jahre) und die Namen der Gründer sind auf der Mauer eingraviert worden. Witzige Kombination – besetztes Haus UND Traditionsbetrieb. Sie sind zwar nicht deklariert links aber haben so ziemlich alles an Organisation nach basisdemokratischen Prinzipien organisiert, es gibt also so was wie einen „conselho da casa“... also so eine Art Plenum des Hauses.
Von überall her geklaute Straßenschilder und Hinweistafeln sind im Haus überall so angenagelt worden, daß man sich auch gleich halbwegs zurecht findet. Sie haben sogar ein Museum (Schild dazu natürlich geklaut) im Keller eingerichtet. Bei dem Versuch diesen ein wenig auszubauen, sind sie nämlich auf einen alten römischen Bogen gestoßen und haben dann rundherum noch alle möglichen Artefakte aus ihrer eigenen Vergangenheit drapiert – voilá ein Museum im Keller.
Irgendwie habe ich diese Form von Kreativität schon vermißt. Im generell sehr viel weniger organisierten Portugal fallen solche Gemeinschaften zwar viel weniger auf als in Österreich, wo der Kontrast schon erheblich höher ist. Aber es ist einfach nett so was hin und wieder zu sehen und erinnert mich an manche im Hörsaal verbrachte Nächte letzten Herbst (meine Güte ist das wirklich ERST EIN JAHR her). Außerdem wird sich in den Republicas sicher ein Zentrum für die geplanten Proteste – Sparpakete gibt’s auch hier – finden.
Wie dem auch sei, das Konzert war nett, der Abend war fein und ein österreichischer Erasmusstudent ist dann auch sehr relaxed heim in sein Bett gefallen.
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