Samstag, 30. Oktober 2010

Medien in Portugal

Nachdem es die letzten beiden Tage geregnet hat und nach dem 6- oder 7-tägigen Latada einfach keiner mehr Lust aufs fortgehen hatte, habe ich das erste Mal seit ich hier bin wirklich das Vergnügen gehabt mich mit dem portugiesischen Fernsehen auseinanderzusetzen.

Was soll man sagen. Man hat in den 5 öffentlichen Kanälen in Wahrheit nur die Wahl zwischen Telenovelas und Fußball, was beides nicht gerade mein Ding ist. Dann gibt es noch eine Menge Dokus in denen schöngeistige alte Professoren alte Städte und die Geschichte Portugals erklären. Überhaupt sind die Medien unendlich Portugal zentriert. Von 30 Minuten Nachrichten widmen sich vielleicht 5 dem internationalen Geschehen und das dann auch vorwiegend in den ehemaligen Kolonien. Mit den Zeitungen im Land schaut es nicht viel besser aus. Die Medienlandschaft ist sehr mit der in Österreich vergleichbar, allerdings ohne einem Adäquat zum Standard. Kurzum: relativ mies, sehr provinziell aber zum Sprache lernen immerhin hilfreich.

Etwas anders sieht es dann schon aus wenn man eine DVBD-Box hat, wie die Brasilianer-WG ums Eck. Alle möglichen iberischen und vor allem südamerikanischen Kanäle bringen dann schon ordentlich was an Flair und anderem Lebensgefühl ins Wohnzimmer (=sala de estar). Von rhythmischem MTV-abklatsch aus Brasilien bis hin zu irgendeinem Widerstandskanal aus Barcelona ist eigentlich alles dabei. Es ist echt aufregend das alles auf sich einwirken zu lassen. Für manche Nachmittage, insbesondere wenn es regnet bin ich dann sehr gern in besagter WG und laß mich dann meist zu vielt auf der Couch berieseln.

Zurück zum portugiesischen Fernsehen: Das erste Thema das man zu IMMER zu hören bekommt ist die Krise. Weil auf irgendwelchen Papieren von irgendwelchen Agenturen die Zahlen, die eh so groß und komplex sind, daß sich diese niemand vorstellen kann, nicht ganz passen haben viele Portugiesen Angst um ihr schönes Land. Selbst in einer fremden Sprache verstehe ich davon genau gleich viel von dem Zahlengeschwafel wie in meiner eigenen – nämlich nicht viel. Im Endeffekt geht’s auf jeden Fall darum, den eh nicht sonderlich reichen Portugiesen dann doch noch amal a bissi Kohle abzuknöpfen um sie irgendwo anders hin zu verwenden. Das macht man in dem man Gehälter kürzt und Preise erhöht. Ähnlich wie bei uns versteht man auch nicht wirklich WER denn dan die Kohle bekommt. Familien die sich um ihre Kinder oder Alten kümmern sind es auf alle Fälle mal nicht. Meine erste persönliche Erfahrung damit war, daß der „prato social“ dahingehend geändert wurde, daß wir jetzt in der Mensa 2,40 statt 2,15 pro Menü zahlen. Für mich ist das ja eigentlich egal. Für die Studenten hier aber, die ziemlich genau die Hälfte meines Budgets im Monat zur Verfügung haben, sieht das dann schon wieder etwas anders aus.

Wenn ich mich so umschaue, wie die einfachen Leute in der Stadt so leben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß sie über ihren Verhältnissen gelebt hätten. Neues Graffiti am Weg zur Assosiação Académica: „Os ricos, que paguem a crise“ - „die Reichen mögen die Kriese bezahlen“. Dazu kann ich nur sagen"Sim, concordo"...

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Cortejo

Das is also das Cortejo, die sanfte Vorstufe zur Queima das Fitas im Mai, in der bereits jetzt schon die ganze Stadt durchdreht. Die Studenten laufen in irgendwelchen total wilden Kostümen herum die entweder was mit ihrer Fakultät zu tuen haben oder sonst einfach nur irgendwie möglichst abgedreht sind. Einzelne laufen mit Kostüm und Nachttöpfen herum um Geld zu sammeln. Zweck: Besäufnis der Fakultät am Abend unterstützen. Klar spenden wir hier gerne mal was...


Die Uni is wie immer einsichtig mit den Ritualen, weil sie eigentlich gar keine andere Wahl hat und läßt amal alles was am Nachmittag wäre gleich vorsorglich ausfallen. Wahrscheinlichkeit, daß wer in die Vorlesungen kommt sowieso gleich 0....


It's sick, it's wrong and yet very entertaining!!




Die Italianos. Können es natürlich nicht so stehen lassen wenn wer die Glocke klingeln läßt ;-)


Das Chaos beim Toben

Am Ende des Corteo werden alle Neuzugänge am Fluß getauft bzw. schwimmen gleich im Fluß. Schrei des Abends aus dem Fluß "Altamente!!! Maaas... cheira mixo" - "Geilstens... aaaaber, hier stinkts nach Pisse". Naja... weiters Fest gesehen. Weiter Erfahrung gemacht.

Auf die Frage hin wie man die Queima noch wilder gestalten kann als das hier: "Man kann. Außerdem kommen dann noch die ganzen anderen Studenten aus Portugal hieher...". Okay, wir sind mal gespannt...

Samstag, 23. Oktober 2010

Latada

Das große 5-tägige – also eigentlich 5-nächtige Fest – läutet den Herbst ein. Ich habe mittlerweile schon 2 Tage gerade noch lebend überstanden und blicke micht Angst und Schrecken den kommenden 3 Tagen entgegen. Das Kopfweh hat jetzt gerade amal so weit nachgelassen, daß ich amal wieder in den Blog schreiben kann.

Was man eigentlich genau feiert weiß ich ich immer noch nicht. Aber der Name hat irgendwas mit Dosen zu tuen. Um das Fest zu zelebrieren hat man auf der anderen Seite des Flusse 3 riesige Zelte, also so in der Bierzeltdimensio, vielleicht sogar nu größer, aufgestellt. Das ganze hat ein wenig einen Event-Charakter, der mir irgendwie komisch vorkommt. Im einen Zelt spielt eine Tuna, also eine Art traditioneller Studenten ihre traurigen und lustigen Balladen, und im anderen hat man es musikalische mit irgendwas zwischen Samba und Eurodance zu tuen. Irgendwelche Bands sollen auch noch kommen und kA was noch alles. Ahja und eine weiter Anwendung der schwarzen Kutten konnte ich beobachten: Auf dem Sandboden der Zelte als Unterlage zum Sitzen uuund als Kopfpolster zum schlafen irgendwo in der Nähe der Latada. Wenn die Umhänge Geschichten erzählen könnten, ließe sich damit wohl einen Bibliothek füllen...

Naja und der Herbst kündigt sich schon immer deutlicher an. In Portugal ist das etwas anders als bei uns. Es wird einfach die Temperaturamplitude viel größer. Man kann oft immer noch ein paar Stunden um Mittag herum mit Bermudas und T-Shirt ummalaufen und es ist trotzdem noch heiß, und braucht dann in der Nacht lange Hose, Jacke und Schal und trotzdem isses kalt. Seeeehr gut so nah am Campus zu wohnen. Gewand wechseln am Tag 2x is zur Zeit einfach ganz normal. Regnen tuts trotzdem nicht mehr, aber ich vermisse irgendwie die tropischen Verhältnissen bei meiner Anreise ein bisschen. Die Portugiesinnen übertreiben aber trotzdem sehr wenn sie mit Haube und Handschuhen herum laufen... I glaub die wären bei uns im Winter einfach verloren.

Bom fim-de-semana, meine Lieben!

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Die Geschichte der schwarzen Umhänge

Gestern am Abend wurde mit der Serenata, einem hinreißend traurig gesungenen Fado, am Praça do Mercado feierlich das Latada eröffnet. Latada ist ein 5 tägiges Studentenfest im Herbst und die zweitheiligste Angelegenheit im akademischen Kalender nach der Queima das Fitas (die dann im Mai statt finden wird). Die Stadt steht Kopf, auf der Uni erwartet mal wieder niemand Anwesenheit und irgendwie hat das ganze neben dem üblichen Festgebrüll und Co sogar a richtig romantische Note. Hier ein Bild von der Straße die ZUM Praça do Mercado führt, der selber berstend voll war. Soo viele Menschen in Kostümen. Grund genug sich noch mal ein paar Gedanken dazu zu machen.



Ich habe euch ja schon erzählt, daß die traditionelle Studentenbekleidung hier versehen ist mit einem schwarzen Cape. Dieses Cape ist aus einem schweren dicken Stoff genacht und macht auch wirklich viel mit in der Zeit des Studiums. Ich habe bis jetzt folgende Sachen (eine Auswahl) beobachtet:

Normal: Sich ganz normal drin einwickeln, wenn es kalt ist. Da sie sehr großzügig geschnitten sind, kann man sie gut und gerne 2 mal um den gesamten Körper wickeln.

Romantisch: Es haben auch schnell amal 2 Leute unter dem Cape Platz. Inbesondere die Burschen wickeln im wahrsten Sinne des Wortes ihre Komilitoninnen darin ein.

Freundschaftlich: Das gleiche wie oben nur meist zwischen Mädchen der Fall.

Frivol: Als Sichtschutz um darunter was auch immer zu machen. Man hört aus dem schwarzumwickelten Paar (hoffentlich warens nur 2...) Kichern und allerhand Sachen... hmm

Ehrenrettung: Wenn die Leute dann doch amal reihern müssen, was schon ziemlich oft amal vorkommt bei den Festen hier, dann machen v.a. bei Mädchen die Freundinnen mit aufgeschlagenen Capes einen Sichtschutz.

Sportlich: 2 Capes zusamenknoten einrollen und als Springschnur benützen... Seilspringen für Dichte...

Gemein: Am Brunnen eintauchen und naß machen... dann um das Opfer herumwickeln.

Allgemein: Als Schutz und Auffang von allen Arten von Flüssigkeiten – vorwiegend Alkohol, aber auch Erbrochenes etc...

Festlich: Bei dem Lied „Coimbra é nossa“ wird nach dem ziemlich rhytmischen Geschrei am Ende das Cape von allen am Ende gleichzeitig in die Luft geworfen, was auf einem gut gefüllten Platz (so wie gestern gesehen) kurz quasi den Himmel verdunkeln kann.

Siehe dazu
http://www.youtube.com/watch?v=e4jSa8GNuHE
am Praça do Mercado gestern ziemlich genau so ausgesehen.

Montag, 18. Oktober 2010

Genuß und Routine

Die Uniroutine ist da... endlich. Schön langsam weiß i überall wohin gehen und was machen. Und es könnte eigentlich kaum chilliger sein. Die Vorlesungen sind so organisiert, daß man FREIWILLIG während des Semesters Minitestes machen kann, deren Punkte dann einfach zum Schlußtest dazu addiert werden. Das heißt wenn man ein bisschen dahinter ist – und man muß wirklich nicht VIEL dahinter sein – kann man sich ein sehr entspanntes Semesterende gestalten. Diese Woche habe ich 3 dieser Minitestes und sie sind vom Stoff alle leicht bewältigbar. Überhaupt genieße ich sehr die Freiheiten die einem die Uni Coimbra bietet.

Ich besuche immer öfter das TAGV (Teatro Académico Gil Vincente) um mir Theater, Modern Dance, Ballette etc. anzuschauen. Es ist zumeist billig für meine Begriffe und das Programm oft hinreissend gestatltet. Die kulturellen Leistungen der Associação Académica kann man kaum hoch genug würdigen. Ich nutze mittlerweile auch öfters das Angebot der Secção dos Esportos und probiere mal dies und mal jenes aus. Wobei natürlich weiterhin Capoeira für mich DIE Lieblingsmethode der Ertüchtigung ist.

Unter den Erasmusleuten, die längst nicht alle Englisch sprechen, setzt sich schön langsam auch untereinander Portugiesisch als Lingua Franca durch. Ein ziemliches Kreol-Portugiesisch angereichert mit italienischen und spanischen Elemeten, aber zur Kommunikation untereinander reichts alle mal und lustig klingen tuts auch. Ich habe jetzt wirklich den Sprachkurs geschmissen, und halte micht einfach an meine Brasilianer und Portugiesen. Die haben echt viel Geduld beim Sachen erklären, und grammatische Theorie hol ich mir auch einfach aus dem Netz. Also Theorie daheim am Laptop – Praxis auf der Straße. Und ich glaube das funktioniert auch gut. Ich genieße es sehr so lebendig einge Sprache zu lernen.

Wie man sich wohl denken kann ist das Netz aus amorösen Verstrickungen unter den Austauschstudenten untereinander und mit den Portugiesen schön langsam kaum mehr zu überblicken und dem kulturellen Austausch sicher auch sehr zuträglich. Überhaupt lernt man eine Kultur wohl am besten kennen indem man ihre Sprache spricht, ihr Essen ißt, ihre Tänze tanzt und sich halt auch gegenseitig nahe kommt... scheint zumindest die Philosophie mancher zu sein.

Tja was soll ich sonst noch schreiben... die Sonne scheint, das Wetter ist fein und der Himmel fast jeden Tag blau, Spaziergänge am Rio Mondego sind was wunderschönes, die Feste fallen wie Herbstlaub jeden Tag und jede Nacht... ich kann kaum beschreiben wie ich mich fühle. Ich hoffe es geht euch allen gut und ihr genießt auch den Herbst im fernen Österreich (Berlin, Dublin oder sonstwo).

Samstag, 16. Oktober 2010

Labirinto das escadas

Ich habe nach ein paar Anfangsschwierigkeiten doch endlich Kontakt zu meinen Mitbewohnern gefunden, die eigentlich echt nette Leut sind – bis auf einen der wirklich nur grausig ist. Aber was soll's. Wir wissen auch immer noch nicht so genau wieviele Leute in unserem Haus eigentlich leben, was stark mit der Architektur zusammenhängt. Ungefähr in der geometrischen Mitte des Hauses befindet sich die Küche und rundherum führen unendlich viele Stiegen und kleine Gänge zu den einzelnen Zimmern. Das Partyverbot brechen eigentlich alle recht regelmäßig und unser Haus kennt man als "Labirinto das escadas"... also das Stiegenlabyrinth.

Allmählich verlangt die Uni dann doch daß wir auch mal was tuen und ich hab nächste Woche 3 Minitests zu bestreiten. Da ich eigentlich geistig nicht sehr am Stoff teilgenommen hab muß ich da jetzt erst amal wieder reinkommen. Praktischerweise muß man nur den Namen des Kurses und des Professors beim Copyshop nennen und schon schwuppdiwupp drucken sie einem auch das Skript dazu aus. Ich muß auch ehrlich sagen, daß nach den letzten Wochen vielleicht einmal eine Woche ruhiger treten eh ganz a gute Idee wär.

Meine gesitigen Aktivitäten hier haben sich bisher sehr auf das Erlernen der Sprache konzentriert. Eigentlich müßte man schreiben „der Sprachen“, weil ich ständig umgeben bin vom Gewirr der vielen Zungen (Deutsch, Italienisch, Spanisch, Englisch, Holländisch, Portugiesisch, slawische Sprachen, Franösisch, etc.). Gestern war ich mit 2 Italienerinnen shoppen – die haben einfach Ahnung von Mode – und wir haben das, wie fast immer in der Combo, 4-sprachig bestritten. Mit meinem aktiven portugiesisch wächst auch mein passives italienisch und hin und wieder kann ich auch schon Wortfetzen einwerfen ins „parlare“... Aber die schönste Sprache für mich ist und bleibt Portugiesisch. Vom Klang her natürlich Português do Brasil, wobei die einzelnen Estados da noch mal ganz unterschiedlich sprechen. Weils so gesungen klingt gefällt mir am besten der Dialekt von Goias und Piauí...

Mittlerweile habe ich die Herkunft der ganzen nackten Männer in der Nacht erkunden können: Wenn man hier sein Studium abschließt, wird eine Schriftrolle mit den Schandtaten während des Studiums verlesen und währenddessen wird einem das traditionelle schwarze Gewand vom Leib geschnitten und die Streifen auf Statuen gebunden oder als Andenken beschriftet und von den Kollegen mit nach Hause genommen. Einzig die schwarze Ledertasche nicht... die kann man dann als improvisierten Lendenschurz verwenden, oder man bekommt einen Olivenzweig um sich damit zu bedecken. Für Mädels schaut das Ritual ein wenig netter aus, weil BH und Höschen nicht angetastet werden.

So ich werde jetzt etwas gaaaanz neues machen und mich einem meiner Skripten widmen...

Dienstag, 12. Oktober 2010

Fluchen für Fernreisende

Ich bin kürzlich das erste Mal in eine verbale Auseinandersetzung geraten und habe erst da bemerkt, daß meinem Vokabular eigentlich reichlich Schimpfwörter abgehen. Neben einigen Wörtern die gegen wiedrige Umstände gerichtet sind und die ich schon recht gut kenne, kann ich gegen Personen leider nur mit fadestem Zeug wie „filho da puta“ vorgehen. Gerade beim Handeln mit den Menschen die einem rund um Se Velha allerhand komisches Zeug andrehen wollen, sind „sanfte“ Schimpfwörter sehr gefragt und können die Preise noch mal ordentlich senken. Da ich immer noch nicht sooo genau weiß wieviel Geld ich eigentlich habe, weil ich leider meine Zugangsdaten zur Bank verloren habe und es einfach Ewigkeiten dauert und unendlich kompliziert ist, diese ins Ausland nachgeschickt zu bekommen, lebe ich lieber vorerst billig.

Die erste Hürde über die man stolpert ist die gleiche über die ich eigentlich immer stolpere wenns um die Sprache geht: der Unterschied zwischen Portugal und Brasilien in der Sprache. Nach wie vor sind die meisten meiner portugiesischsprachigen Freunde Brasilianer und ich habe angeblich schon einen ziemlichen Akzent. Auf der einen Seite freut mich das natürlich (Fernziel wird immer mehr Doktorat in Brasilien), auf der anderen Seite möchte ich die Portugiesen natürlich auch nicht beleidigen. Ihre ehemalige Kolonie hat sie halt doch an kulturellem Einfluß in der Welt weit überflügelt und das sollte man ihnen vielleicht nicht jeden Tag auch noch unter die Nase reiben, indem sogar in ihrem eigenen Land lieber brasilianisch lernt. Leider sind halt die Portugiesen auch weniger offen, wenngleich auch sicher nicht wirklich verschlossen, als die Brasilianer und so ergibt sich eine leichte Schieflage in meinem Freundeskreis. Da mein Sprachkurs immer mehr wackelt (Termine, mir taugt der Prof nicht, etc.), wird sich das vermutlich nicht so schnell ändern.

Kommen wir zurück zu den Schimpfwörtern. Ich möchte euch hier eine (sehr kleine) Kostprobe der interessanteren Wörter und eine möglichst wortgetreue Übersetzung liefern. Sollte eigentlich auf beinden Seiten des Atlantiks verstanden werden.

caralho (pt/br): DAS Schimpfwort, in eigentlich jeder Situation gebräuchlich. Heißt eigentlich Schwanz (Penis ist gemeint) und kann sowohl für ganz schlimme Sachen – resaca do caralho (schlimmer Kater nach dem Saufen) – wie auch für total coole Sachen einfach als Ausruf verwendet werden. Man kann sich übrigens auch „encaralhado“ fühlen...

mão-fechada: (wörtl. geschlossen Hand) – Geizkragen. Gutes Wort zum Handeln und nicht so offensiv, daß man sich vorm Messer in der Hose des... äh... Händler fürchten muß. In der richtigen Situation also wörtlich Gold wert.

fodido: leitet sich vom Wort foder – ficken – ab und heißt damit auch wörtlich „verfickt“. Wenn amal wirklich alles Scheiße läuft ist „tudo fodido“, also „alles verfickt“ scho a ziemlich gute Kombination um seinem Ärger Luft zu machen.

merda: Scheiße, genau wie bei uns, aber erheblich seltener verwendet. Die portugiesische Zunge kennt einfach zu viele andere Wege sich auszudrücken

o diabo que te carregue: wörtl. der Teufel soll dich holen. Zeigt schon stark, was man von seinem gegenüber hält, ist aber immer noch so „educado“, daß das Messer weiterhin in der Hose verbleiben sollte, bei

filho da puta: (wörtl. Hurensohn) ist das dann nicht mehr so der Fall. Kann dann schon eher in eine verzwickte Lage führen, in der schneller Fuß für die Gesundheit zuträglich ist. Ähnliches heißt auch „puta que o pariu“ - (wörtl.: eine Hure, die dich zur Welt gebracht hat)

Nun ja so weit der Ausflug in die blumigen Metaphern dieser charmanten Völker an beiden Seiten des Atlantiks. Ich hoffe euch damit das allerbasalste Rüstzeug für eventuelle Reisen in hiesige Gefilde mitgegeben zu haben.

Sonntag, 10. Oktober 2010

Wocheneeeeeeende

Sonntag ist... und ich kann stolz zurück blicken auf eine weitere Woche aus Parties, kleinen Reisen in die Umgebung, besuchten Vorlesungen, neuen Bekanntschaften und kulturellen Erfahrungen.

Irgendwie denke ich mir manchmal, es wäre vielleicht gar nicht so schlecht gewesen für mich was kulturwissenschaftliches zu studieren. Wobei man das halt ex cathedra eh nie so gut lernen kann wie im direkten Kontakt. Es ist einfach dieses permanenten Überschreiten von Grenzen und Kennenlernen von Neuem. Es ist ein ungemeiner Gewinn zu sehen, von welchen kulturellen Perspektiven aus man die gleichen Sachen betrachten kann. Wie relativ eigentlich der Zugang der eigenen Kultur ist, es wirkt nur immer so absolut weil ihn halt mehr oder minder alle aus der Umgebung teilen. Mittlerweile habe ich meine ersten Kontakte in die Kap Verde Community geschlossen, die traditionell die zweitgrößte Gruppe an Estrangeiros (Ausländern) in Coimbra stellen und einfach wirklich afrikanisch sind. Das ist eigentlich mein erster wirklicher Kontakt zum schwarzen Kontinent.

Ich überlege mir gerade meinen Sprachkurs zu schmeißen, der erstens unendlich überbelegt ist (wir haben das Büro belagert um einen Zusatzkurs rauszuschinden) und zweitens auch noch zu echt ungünstigen Zeiten statt findet. Man lernt auf der Straße mehr und die Theorie zu Grammatik und Co findet man eh im Netz. Die Leute helfen einem gerne beim Lernen und nebenher habe ich jetzt angefangen Kinder und Jugendbücher auf Portugiesisch zu lesen. Schönstes Buch zu Sprache lernen: „o Principezinho“ - der kleine Prinz ;-)

Dienstag, 5. Oktober 2010

Lauf und Saufgeschichten

Aus irgend einem Grund ist heute frei und keiner muß auf die Uni. Was das heißen könnte habe ich gestern bei Fortgehen wohl weit unterschätzt.

Die ganze Stadt steht einfach nur Kopf, und das wirklich nur wegen eines Feiertages am nächsten Tag, der vermutlich nicht einmal besonders wichtig ist. Die Straßen sind weit dichter bevölkert als tagsüber, überall wird getrunken, geraucht (ja alles...) auf der Straße getanzt und und und.

Für uns begann es eher ruhig, weil wir die Licenciatura eines Italieners zu feiern hatten, und deswegen zu 80 (!) bei der portugiesischen Version des „Wirten“ uns ordentlich die Bäuche voll geschlagen haben. Da es 9 Euro all-you-can-eat-and-sauf war war es schnell ziemlich lustig. Rausgeworfen haben sie uns erst nach Stunden Gesang, einen Tisch zerstören (hat den trommelnden Händen nicht Stand gehalten) und dem einen oder anderen Blödsinn dazu.

In der Stadt war da schon die Hölle los! Das es überall wo es Wand ausschaut nach Urin riecht is irgendwie eh zu erwarten. Die ganze Baixa (ein Stadtviertel) mit ihren verwinkelten Gassen ist mittlerweile ein einziger Hexenkessel aus Geschrei, hin und wieder erbrochenem und allem was sonst dazu gehört, inklusive kleineren Raufereien und krabbelnden Menschen. Könnte man genau so in ein Comic zeichnen... Wir entschließen uns zu einem kurzen taktischen Rückzug, daher: Ab auf meine Dachterasse um das Partyverbot einmal mehr mit einer Flasche Portwein und allem was dort dazu gehört (denkt es euch einfach) zu brechen. Der Plan: Die natürliche Selektion eine Stunde arbeiten lassen und dann wieder in die Stadt.

Ein schlechter Plan: Neben den ersten eigenen Verlusten – eine Italienerin hat sich wohl ein wenig verschätzt und gesellt sich zu den anderen reihernden Menschen – ist es noch viel schlimmer geworden als vorher. Naja... wenn schon denn schon: Lokaltour durch die Hölle. Sind die Leute zaaaaach. Nackt und mit Olivenzweig über den Lenden hab ich hier ja schon mal gesehen, aber nackt und ohne Olivenzweig, noch dazu allein durch die Stadt laufend... beeindruckend. Was ich mich heute noch frage ist eigentlich nur eines: WAS ZUR HÖLLE hat sich der Typ eigentlich gedacht der tatsächlich ins Pissoir geschi***n hat.

Ende des Abends: Irgendwann trudeln mehr oder minder alle im Bigorna, einer Bar im Alta, also auf dem Hügel der Uni ein. Das Chaos wogt unten in der Stadt immer noch wie tosendes Meer wird aber auch schon leiser, wir sitzen hier wie auf einer Insel... noch ein Bier, dann Sonnenaufgang, Zeit zum heimgehen... lustig wars.

Samstag, 2. Oktober 2010

erste Tage Herbst

Es gibt den Herbst also auch hier in Coimbra. Wer hätte das gedacht, aber mittlerweile braucht man in der Nacht lange Sachen, sonst wird’s einem beim fortgehen schnell zu kalt. Und fortgegangen wird auch in dieser Jahreszeit erst ab Mitternacht. Herbst heißt in Coimbra: Am Tag nach wie vor in Bermudas und FlipFlops, in der Nacht kühl/kalt. Die Temperaturen weigern sich gleichmäßig zu sinken sondern machen das eher punktuell. Also im schlimmsten Fall tage- sonst eher stundenweise.

Zur Uni: Mittlerweile habe ich es erfolgreich geschafft zusammen mit Lehrenden im Hörsaal/Labor etc. zu landen. Schöne alte Bildung – hier hängt vor jedem Hörsaal mehr oder minder eine Armada an Gedenkfliesen, die daran erinnert, daß dieser oder jener berühmte Forscher, Philosoph, Politiker, Adelige oder wer auch immer in diesem Hörsaal seine bahnbrechende Entdeckung, weise Gedanken zu einem Thema, Brandrede für oder gegen etwas, oder was auch immer bekannt gegeben und gehalten hat. Beeindruckt von solcher Stein (oder Fliese) gewordenen Mahnung an die ewige Größe solcher Leistung betritt man dann die heiligen Hallen, wo die meisten Professoren mit viel mehr Pathos als bei uns in manchem Theater ihr Fachwissen an den Mann bzw. an die Frau bringen.

Und ich finde, es hat was. Ich mag es große alte Zitate zu hören, Lichtbrechungstheorien mit Bezug auf Goethe präsentiert zu bekommen und zwar nicht nur mit Nebensatz sondern als ausführliche Diskussion. Oder einfach zu hören, daß wir auf den Schultern von Giganten stehen, wenn wir das bereits vorhandene Wissen nutzen um neues zu erringen und so was alltägliches machen, wie in ein Mikroskop zu schauen. Das ist zwar nicht ganz der Grund meines Eramusaufenthaltes, aber ich nehme solche schöngeisterei der anderen anerkennend zur Kenntnis und hoffe, daß sie es mit viel Fleiß auch zu was bringen werden...

Portugal, das nicht gerade das reichste Land der europäischen Union ist, investiert ziemlich in seine Bildung. Abgesehen von den Privatisierungstendenzen haben es die Unis hier erheblich besser, und die Studienbedingungen sind (sowohl in Relation zum portugiesichen Lebensstandard als auch absolut) erheblich besser als daheim. Und dadurch, daß hier viele Leute aus Angola, Mozambique und den ganzen anderen alten und verarmten Kolonien studieren, leisten die Unis auch einen ordentlichen Beitrag zur Entwicklung dieser Länder. So in etwa stelle ich mir das vor und kenne es halt auch ganz anders.

Neue Entdeckungen von Minimercados, eine Mischung aus Supermarkt und Tante Emma Laden, in unmittelbarer Nähe zu meinem Haus erhöhen momentan auch gerade sehr den Lebensstandard. In diesem Sinne...