Nachdem es die letzten beiden Tage geregnet hat und nach dem 6- oder 7-tägigen Latada einfach keiner mehr Lust aufs fortgehen hatte, habe ich das erste Mal seit ich hier bin wirklich das Vergnügen gehabt mich mit dem portugiesischen Fernsehen auseinanderzusetzen.
Was soll man sagen. Man hat in den 5 öffentlichen Kanälen in Wahrheit nur die Wahl zwischen Telenovelas und Fußball, was beides nicht gerade mein Ding ist. Dann gibt es noch eine Menge Dokus in denen schöngeistige alte Professoren alte Städte und die Geschichte Portugals erklären. Überhaupt sind die Medien unendlich Portugal zentriert. Von 30 Minuten Nachrichten widmen sich vielleicht 5 dem internationalen Geschehen und das dann auch vorwiegend in den ehemaligen Kolonien. Mit den Zeitungen im Land schaut es nicht viel besser aus. Die Medienlandschaft ist sehr mit der in Österreich vergleichbar, allerdings ohne einem Adäquat zum Standard. Kurzum: relativ mies, sehr provinziell aber zum Sprache lernen immerhin hilfreich.
Etwas anders sieht es dann schon aus wenn man eine DVBD-Box hat, wie die Brasilianer-WG ums Eck. Alle möglichen iberischen und vor allem südamerikanischen Kanäle bringen dann schon ordentlich was an Flair und anderem Lebensgefühl ins Wohnzimmer (=sala de estar). Von rhythmischem MTV-abklatsch aus Brasilien bis hin zu irgendeinem Widerstandskanal aus Barcelona ist eigentlich alles dabei. Es ist echt aufregend das alles auf sich einwirken zu lassen. Für manche Nachmittage, insbesondere wenn es regnet bin ich dann sehr gern in besagter WG und laß mich dann meist zu vielt auf der Couch berieseln.
Zurück zum portugiesischen Fernsehen: Das erste Thema das man zu IMMER zu hören bekommt ist die Krise. Weil auf irgendwelchen Papieren von irgendwelchen Agenturen die Zahlen, die eh so groß und komplex sind, daß sich diese niemand vorstellen kann, nicht ganz passen haben viele Portugiesen Angst um ihr schönes Land. Selbst in einer fremden Sprache verstehe ich davon genau gleich viel von dem Zahlengeschwafel wie in meiner eigenen – nämlich nicht viel. Im Endeffekt geht’s auf jeden Fall darum, den eh nicht sonderlich reichen Portugiesen dann doch noch amal a bissi Kohle abzuknöpfen um sie irgendwo anders hin zu verwenden. Das macht man in dem man Gehälter kürzt und Preise erhöht. Ähnlich wie bei uns versteht man auch nicht wirklich WER denn dan die Kohle bekommt. Familien die sich um ihre Kinder oder Alten kümmern sind es auf alle Fälle mal nicht. Meine erste persönliche Erfahrung damit war, daß der „prato social“ dahingehend geändert wurde, daß wir jetzt in der Mensa 2,40 statt 2,15 pro Menü zahlen. Für mich ist das ja eigentlich egal. Für die Studenten hier aber, die ziemlich genau die Hälfte meines Budgets im Monat zur Verfügung haben, sieht das dann schon wieder etwas anders aus.
Wenn ich mich so umschaue, wie die einfachen Leute in der Stadt so leben, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß sie über ihren Verhältnissen gelebt hätten. Neues Graffiti am Weg zur Assosiação Académica: „Os ricos, que paguem a crise“ - „die Reichen mögen die Kriese bezahlen“. Dazu kann ich nur sagen"Sim, concordo"...





