Freitag, 24. September 2010

Out of the bubble

So, gestern wollte ich mal der Erasmusbubble, in der man mit dem echten Portugal und den Portugiesen nicht soo viel in Kontakt kommt, entkommen und habe das dann auch gemacht.

Man braucht dazu:
1. intellektuelle Portugiesinnen, die sich nicht scheuen einen Estrangeiro wie mich durch das andere Coimbra zu führen.
2. eine Eintrittskarte in eine Aufführung des Balletts „Romeo e Juliet“ im Teatro Académico Gil Vicente, DEM Sammelpunkt für Leseratten mit südländischen Charme, die gerne über Oscar Wilde und die Liebe diskutiere
3. Travestie- und Punklokale um sich durch den restlichen Abend zu bringen

Ganze Zutatenliste: Check am frühen Abend, damit startklar

Also: Als erstes ins Ballett. Man kann Schakespeare also auch tanzen – und WIE!!! Wer mich kennt weiß, daß ich ein glühender Verehrer des Poeten von der Insel bin und eigentlich seine größeren Werke fast Wort für Wort auswendige kenne und ihn obs seiner Sprache liebe. Im Ballett wird nicht gesprochen, aber mit unglaublicher Körperbeherrschung von Menschen, die mehr fliegen als tanzen, die ganze Handlung wirklich mitreissend dargestellt. Unglaublich berührend: Pater Lorenzo, der mit solch einer Erhabenheit getanzt wurde, das sich die Bühne für einen Moment in den Hort aller Heiligkeit der irdischen Welt verwandelte. Zumindest für mich. Nach einer halben Stunde Applaus verlassen wir das Theater in die noch junge Nacht (nach portugiesischem Zeitgefühl).

Weiter: Ab in ein Alternativenlokal, in dem die gesamte Kellnerschaft mehr oder minder einen transvestitischen Anchauch hat, und das Publikum aus Punks und Intellektuellen besteht. Es hat ein bisschen den Charakter eines typisches französische Cafés mit sehr klassischer Einrichtung und einer hunderte Jahre alten Tapete. Offenbar hat eine meiner Begleiterinnen für eine Kellnerin mit wunderschön glänzender schwarzer Haut ordentlich was über. Es gibt Caipirinha in ca. 10 verschiedenen Versionen, die man alle auf einer rotierenden Holzplatte bestellen kann... 3 Personen 8 Caipirinhas... Die Musik ist irgendwo zwischen Radiohead und härteren Sachen zu Hause, sehr angenehm nach Wochen Mainstream. Also gibt’s so was hier auch.

Nächste Station (schon sehr spät): Jardim Botanico (der botanische Garten), gleich hinter irgendwelchen antiken Aquädukten und der ideale Ort um auf weißem Mamor sitzend eine Flasche Wein zu killen und sich dabei zu verhalten wie ein englischer Gentleman (immer noch aufgedonnert vom Theater). Der Garten selbst hat einen sehr barocken Stil und läßt allerlei tropische Pflanzen und vor allem RIESIGE Bäume in den Himmel wachsen. Einer davon hat so riesige Wurzeln, das man sie wie eine Bank benutzen kann.

Letzte Station: Campus, weil man da vorbei muß am Weg nach Hause und dort noch ein paar traurige Überreste mehr gröhlend als singend, zuweilen am Boden schlafend oder mit einer Hecke streitend (!) vorfindet. Nur kurzes Intermezzo hier, dann heim Bett... schon wieder 5...

Résumé: Gelungener Abend!!!

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