Donnerstag, 23. September 2010

Unibeginn II

Also vielleicht war ich im letzten Beitrag a bissi voreilig von einem Unibeginn zu sprechen. Eher der Beginn des Chaos. Macht hier gar nichts, den in den ersten beiden Wochen erwartet niemand ernsthaft von einem viel auf der Uni zu sein. Die Erstsemestrigen sind vollauf beschäftigt mit ihrer Praxe, die Höhersemestrigen auch – halt auf der anderen Seite stehend. Und ich komme sowieso meistens zu spät, was sehr daran liegt, daß ich selten vor 4 heim komm.

Das typische Fortgehen hier schaut ungefähr so aus: Man trifft sich amal in einer großen Gruppe gegen 8 oder 9 am Abend in der Mensa und futtert ordentlich. Danach löst sich die Gruppe in kleinere Teilgruppen auf und landet in irgendwelchen WG's oder Cafes zum ummahängen. Getrunken wird eher wenig, Spaß hat man viel. Wirklich beginnen tut das Nachtleben hier ab Mitternacht. Die meisten Lokale öffnen ihre Pforten erst ab 11 und vorher hätts auch keinen Sinn. Es wird viel getanzt, Röcke, Flipflops (port.: hawaianos) und die immer noch lauen Nächte verleihen dem ganzen seinen Charme, man trinkt eher Longdrinks als Bier und gelegentlich raucht was sehr marrokanisches irgendwo. Dann gibt es Lokale die erst um 4 aufmachen und erst ab 6 so richtig voll sind und in denen es WILD zugeht. Wenn man in so einer Spelunke landet, braucht man sich um den folgenden Tag keine Gedanken mehr machen – der is schon gelaufen sobald man den ersten Schritt dort hinein gemacht hat.

Die Uni reagiert auf diese Situation sehr pragrammatisch: Alle VO's (aulas) am Vormittag, alles mit Anwesenheitspflicht (turma) am Nachmittag und erst ab Oktober. So kommt man sich hier also entgegen... Die Vorlesungen beginnen hier alle sehr ehrwürdig. Ein Professor steht vorn und erklärt meist sehr schöngeistig um was es in seinem Fach geht, auf den Stühlen in den ersten Reihen sitzen seine genau gleich erwürdigen Kollegen und nicken zustimmend, im Amphitheater dahinter sitzen die Studenten und schauen alle brutal mitgenommen aus. Praxe oder Erasmus macht wohl beim Fortgehen keinen großen Unterschied und die kaputten Überbleibsel nutzen die Stunde meist auch eher zum schlafen.

Tja den restlichen Tag verbringt man dann immer mit irgendwelchem Verwaltungskram, weil eine Turma zeitlich zu was anderem nicht paßt oder ma doch ganz gern am Freitag einfach gar nichts hätte und irgendwie gern was ummaschieben würd. Läßt sich alles machen, erfordert aber Geduld, man wird von A nach B geschickt, meist nur portugiesisch bedient und zwischen 12 und 2 braucht man sein Glück gar nicht erst versuchen. Aber am Ende kommt man dann schon zu dem was man will.

Nette Begebenheit letztes Mal: Ein Teil der Praxe (nebst singen und hüpfen) ist die „Declaração de amor“, also niederknien und Liebeserklärung abgeben und das möglichst dramatisch und phantasievoll, für beiderlei Geschlecht... Weil vorher gerade Anmeldung zum Sprachkurs war haben das dann hunderte Erasmusstudenten gleichzeitig gesehen sind hingestürmt und haben aus treuherzigen Gesichtern ihre Erklärungen entgegengenommen. Telephonnummern wurden unter der Hand wohl auch ein paar getauscht...

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